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Der Tierschutzpreis des Freistaates Sachsen

Sächsische Tierschutz-Medaille

Fotografie der Tierschutz-Medaille
Tierschutz-Medaille  © Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt

Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zeichnet Persönlichkeiten, die besondere Verdienste auf dem Gebiet des Tierschutzes erworben haben, mit der Sächsischen Tierschutz-Medaille, der Johann Georg Palitzsch Medaille aus. Dieser Preis ist seit September 2018 mit einem Preisgeld von 4.000 Euro dotiert.

Vorschlagsberechtigt sind alle im Freistaat Sachsen auf dem Gebiet des Tierschutzes ehrenamtlich tätigen Personen oder Personengruppen, Organisationen und Stellen, die kommunalen Gebietskörperschaften sowie sonstigen Einrichtungen mit tierschützerischen Aufgaben. Vorgeschlagen werden können nur Einzelpersonen oder Personengruppen, die ihre Tätigkeit innerhalb des Freistaates Sachsen ausüben. Der Landesbeirat für Tierschutz bewertet die Vorschläge und schlägt der Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt mögliche Preisträgerinnen und Preisträger vor.

Grundlage für die Verleihung der Johann Georg Palitzsch Medaille ist die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt über die Verleihung der Sächsischen Tierschutz-Medaille.

Verleihung der Tierschutzmedaille: Regina Barthel-Marr, Petra Köpping und Dr. Stephan Koch stehen glücklich nebeneinander. Frau Barthel-Marr hält Blumen in der Hand, Petra Köpping die Gewinnerurkunde.
Preisträgerin Regina Barthel-Marr mit Staatsministerin Petra Köpping und Abteilungsleiter Dr. Stephan Koch  © SMS

»Tausendsassa« und kraftvolle Anwältin für Tiere: Sächsischer Tierschutzpreis 2024 an Regina Barthel-Marr verliehen

Ob Runderneuerung des Tierheimes Freital inklusive Hunde-Beach-Club, Kampf gegen den illegalen Welpenhandel oder die Rettung des Tierheims Reichstädt: Regina Barthel-Marr ist Motor, Ideengeberin und Lenkerin bei Tierschutz-Projekten in der Sächsischen Schweiz. Seit 2016 leitet sie das Tierheim in Freital und hat den Tierschutzverein Freital und Umgebung e.V. und das dazu gehörige Tierheim als eines von dreien im Landkreis zu einer starken Säule der Tierschutzarbeit gemacht.

Für dieses unermüdliche Engagement wurde die Vorsitzende des Tierschutzvereins Freital und Umgebung e.V. heute von Sozialministerin Petra Köpping mit dem Sächsischen Tierschutzpreis 2024, der mit 4.000 Euro dotiert ist, gewürdigt. Im Beisein des Ersten Bürgermeisters der Stadt Freital, Peter Pfitzenreiter, erhielt Regina Barthel-Marr in Freital die »Johann-Georg-Palitzsch-Medaille für herausragende Leistungen auf dem Gebiet des Tierschutzes«.

Staatsministerin Köpping: »Ich freue ich mich sehr, eine besondere Frau mit der Sächsischen Tierschutzmedaille auszeichnen zu können, die sich dem Tierschutz im Landkreis verschrieben hat und sich unentwegt dem Wohlergehen der Tiere widmet. Regina Barthel-Marr versteht es, den Tieren eine Lobby zu geben und auch überregional für die Tierschutzarbeit in der Sächsischen Schweiz Unterstützer zu finden. Und sei es mittels eines Fernsehformats. Sie schreckt auch nicht vor neuen Herausforderungen und kreativen Lösungen zurück und weiß als Geschäftsführerin eines Architektur- und Ingenieurbüros, wie man auf wunderbare Weise Träume umsetzen kann. So haben Sie mit ihrem Team nicht nur das Tierheim in Freital zum Schmuckstück gemacht. Bestes Beispiel ist auch die Übernahme und Rettung des Tierheims in Reichstädt/Dippoldiswalde. Sie sind ein Tausendsassa und zugleich eine wichtige Stimme im Tierschutz.«

Der Verein hat durch eine Reihe baulicher Maßnahmen die Bedingungen für die Tiere, insbesondere die Hunde erheblich verbessert bzw. artgerecht gestaltet, der Sanierungsstau konnte angegangen werden. Es gibt nun einen Hunde-Beach-Club mit See für Hunde, Strand und Liegewiese und einen modernisierten Hundezwinger. Ebenso wurde ein neues Futterlager geschaffen. Zudem konnten neben grundlegenden Arbeiten mit Hilfe von Fördermitteln der Landesdirektion Sachsen und Spenden in der Vergangenheit auch der Neubau einer Quarantänestation für Hunde und Kleintiere realisiert werden.

Darüber hinaus arbeiten Regina Barthel-Marr und der Tierschutzverein bei anfallenden Tierschutzfällen, zum Beispiel schweren Fällen von Animal Hording oder zu jeder Uhrzeit bei Fällen von illegalem Welpenhandel im sächsisch-tschechischen Grenzgebiet kontinuierlich immer wieder sehr gut und verlässlich mit den Behörden zusammen.

Sozialministerin Petra Köpping (links) überreichte Jens von Lienen den Sächsischen Tierschutzpreis 2022, Oberbürgermeister Sven Schulze gratulierte.  © Kristin Schmidt

Seit über 30 Jahren im Einsatz für Tiere: Sachsens dienstältester Tierheimleiter Jens von Lienen erhält Sächsischen Tierschutzpreis 2022

Wenn es um Tiere geht, ist Jens von Lienen ganz in seinem Element. Seit 1996 leitet er das Tierheim Chemnitz Pfarrhübel in Trägerschaft des Tierschutzvereins Chemnitz und Umgebung e.V. und ist seit 32 Jahren im Tierschutz aktiv. Er hat schon ein Emu gerettet, versorgt regelmäßig ausgesetzte oder verletzte Katzen und Hunde und vergisst darüber auch die Nachwuchsarbeit nicht.

Dieses breit aufgestellte Engagement über viele Jahrzehnte hinweg wurde heute von Sozialministerin Petra Köpping mit dem Sächsischen Tierschutzpreis 2022, der mit 4.000 Euro dotiert ist, gewürdigt. Im Beisein des Chemnitzer Oberbürgermeisters Sven Schulze erhielt Sachsens dienstältester Tierheimleiter den Preis im Oktober 2022 im Rahmen eines feierlichen Empfangs im Chemnitzer Rathaus.

»Mit unglaublichem persönlichem Einsatz haben Sie zusammen mit Ihrem Team ein neues Zuhause für ausrangierte und misshandelte Tiere geschaffen. Sie leisten damit seit Jahrzehnten großartige Arbeit für unsere Gesellschaft, für die ich mich herzlich bedanken möchte«, würdigt Sozialministerin Petra Köpping die Verdienste des Preisträgers in ihrer Laudatio.

Bereits mit 13 Jahren bekam Jens von Lienen seinen ersten Hund. Der gelernte Tiefbaufacharbeiter blieb seiner Tierliebe treu und kümmerte sich seit der Wendezeit zuerst darum, eine Hundeanlage zu errichten. Daraus erwuchs mit der Zeit ein ganzes Tierheim. Mit Fördergeldern der Stadt und insgesamt 70.000 Euro des Freistaates konnte schließlich in einer ehemaligen Schweinemastanlage ein modernes und artgerechtes Tierheim errichtet werden. Das Tierheim verfügt über einen eigenen OP-Saal, einen mobilen Hühnerstall, eine Großtierstation und bietet seinen Gassi-Gehern eine spezielle Ausbildung an. Derzeit werden etwa 70 Tiere in der Einrichtung versorgt und betreut, darunter Schweine, Ziegen, Katzen, Hunde, Hühner, Hasen und Fische.

Jens von Lienen mit der 13-jährigen Hündin Vicky.  © Uwe Meinhold

Ein Leben lang Tierschützer

Es ist ein sonniger Herbsttag in Harthau. Die Sonne steht tief und taucht die Bäume, Wiesen und Felder Am Pfarrhübel in helles Licht. Links suhlen sich Hängebauchschweine in Pfützen, auf der rechten Seite sieht man in einiger Entfernung Hunde in eingezäunten Wiesen spielen. Alles ist friedlich. Wenn man sich den Boxen nähert, schlagen die Hunde an. Sie wissen, wer hier dazugehört und wer nicht.

Jens von Lienen gehört seit über 30 Jahren dazu. Seit 1996 leitet er das Tierheim Chemnitz – Tierschützer ist er schon sein Leben lang. Er könnte bereits in Rente sein – aber aufhören wird der dienstälteste Tierheimleiter in Sachsen noch nicht. Wenn er im kommenden Jahr die Geschäfte an seine Nachfolgerin übergibt, will er dem Tierheim trotzdem weiterhin helfen.

Für seinen unermüdlichen Einsatz hat Jens von Lienen im Oktober 2022 den Sächsischen Tierschutzpreis erhalten. Im Macher der Woche-Interview erzählt er von seinen schönsten und seinen schlimmsten Erinnerungen und erklärt, was die Arbeit im Tierschutz bedeutet.

Sie sind seit 30 Jahren Tierheimleiter und damit der dienstälteste in Sachsen, wie fühlt sich das an?

Das stimmt so nicht ganz. 1991 habe ich angefangen, damals noch im Tierheim der Stadt. Und ungefähr 1995/96 fand man einfach keinen Dümmeren (lacht). Nein, in der Zwischenzeit hatte der Tierschutzverein das Tierheim übernommen und dann haben sie mich, weil ich am meisten Erfahrung hatte, als Tierheimleiter eingesetzt.

Haben Sie schon als Kind gewusst, dass Sie im Tierschutz arbeiten wollen?

Das gab es zu DDR-Zeiten nicht. Aber meinen ersten Hund habe ich mit 14 Jahren bekommen und seitdem hatte ich durchgängig Hunde. Zur Wendezeit habe ich von einem Verwandten erfahren, dass der Runde Tisch die Hundeanlage der Staatssicherheit auf der Zschopauer Straße als Tierheim zur Verfügung stellt und da bin ich sofort zur Stadtverwaltung gerannt, habe mich dort bei der Personalabteilung gemeldet und gesagt: „Ich habe gehört, sie bekommen ein Tierheim, ich würde mich gerne bewerben“ – aber die wussten davon noch gar nichts.

Jens von Lienen hinterließ seine Daten und zwei Wochen später klingelte das Telefon: Er sollte sich bewerben ­– und bekam den Job. Anfangs leitete er die ehemalige Stasi-Hundeanlage. Nach der Wende suchten der Tierschutzverein und die Stadt nach einem Standort, den sie als Tierheim ausbauen können. Bis 1998 bauten sie das Objekt Am Pfarrhübel aus.

Wie hat sich Ihre Arbeit in den 30 Jahren verändert?

Ich habe mit Tieren gar nichts mehr zu tun (lacht). Ich mache eigentlich nur noch Verwaltungssachen. Als ich angefangen habe, waren wir drei Tierpfleger. Heute sind wir fünf Tierpfleger, ein Azubi und Frau Dr. Schilling als Tierärztin. Der Verwaltungsaufwand und auch die Arbeit für den Tierschutzverein hat zugenommen: Die Webseite muss gepflegt werden, es kommen permanent E-Mails.

Früher sind die Fundtiere gekommen, dann waren sie eben da. Heute machen die Tierpfleger Fotos, sobald die Tiere kommen und setzen die meist noch am selben Tag auf die Seite.

Dann kommen Facebook und Instagram dazu, wo man wirklich dranbleiben muss. Das machen auch die Tierpfleger. Sie kommen zu mir und wir besprechen im Team, wie wir etwas angehen. Ich denke, wir sind da ganz gut am Start.

Wie ist es für Sie, dass sie früher viel mit den Tieren zu tun hatten und heute überwiegend im Büro sitzen?

Man wächst mit seinen Aufgaben. Das war eigentlich ein nahtloser Übergang. Als ich angefangen habe, gab es keine Bestandsbücher. Damals habe ich eines angelegt, weil ich immer schon fand, man muss nach außen offen sein. Wenn einer kommt und fragt: „Wie viele Tiere hast du gerade hier?“, muss ich zumindest nachgucken und dann sagen können, wie viele Hunde, Katzen und Kleintiere bei uns untergebracht sind.

Wenn Leute herkommen und sich für einen Hund interessieren, sagen wir ihnen alles, was wir über das Tier wissen. Und wenn es schon Beißvorfälle gab oder der Hund irgendwas kaputt macht – das teilen wir den Leuten alles mit. Ehrlichkeit ist auf dem Gebiet immer besser als irgendwas zu verheimlichen. Wir suchen uns die Leute raus. Sie müssen mehrmals kommen und dann diskutieren die Tierpfleger untereinander, ob sie geeignet sind oder nicht. Und dann muss man manchmal eben auch sagen: „Nein, Sie bekommen den Hund nicht, wir halten Sie nicht für geeignet.“

Was ist die größte Belastung für das Tierheim im Moment?

Ich sehe ein Problem bei Kleinanzeigen im Internet – dieser ungehemmte Tierhandel. Wir hatten kürzlich einen Fall, dass eine Frau sich dienstags einen Hund geholt hat, freitags wollte sie ihn zurückbringen und da war der Verkäufer nicht mehr auffindbar. Der Hund hat ihre Wohnung demoliert, er hat die Leute angegangen, Klamotten zerrissen und das ist ihr natürlich alles vorher nicht gesagt worden.

Was wünschen Sie sich von Tierhaltern oder solchen, die es werden wollen?

Ein schlauer Mensch hat einmal gesagt: „Die wahrscheinlich besten Tierschützer der Welt sind die, die gar kein Interesse an Tieren haben.“ Wünschen würde ich mir, dass die Leute die Tiere wie Tiere behandeln. Ein Hund ist kein Mensch, den kann ich nicht wie einen Menschen behandeln. Der braucht seine klare Ordnung, seine Gliederung, der muss sich unterordnen. Weil Hunde bis zum letzten Tag ihres Lebens lernen. Sie sind Opportunisten, sie nutzen jede Schwäche aus. Mein Hund darf auch aufs Sofa, aber ich sage wann und wann nicht.

Was sind die Anforderungen, die Tierpflegerinnen und Tierpfleger heute erfüllen müssen?

Tierpflege wird bei uns grundsätzlich nur von festangestellten Mitarbeitern gemacht. Das sind alles ausgebildete Tierpfleger. Der einzige, der keinen Abschluss hat, bin ich (lacht). Das Image des Tierpflegers war früher, dass das jeder Depp machen könne. Aber das funktioniert nicht. Tierpflege ist ja nicht nur Saubermachen. Sie müssen erkennen können, ob das Tier krank ist oder andere Probleme hat. Ganz schwierig ist es bei Beutetieren wie Kaninchen oder Meerschweinchen. Die zeigen immer erst, dass sie krank sind, kurz bevor sie umkippen.

Tierpfleger müssen auch unheimlich flexibel sein. Sie müssen 365 Tage im Jahr bereit sein, zu arbeiten. Samstag, Sonntag, Feiertag – die Bereitschaft muss da sein. Sie müssen auch nachts Bereitschaftsdienst übernehmen. Das heißt, wenn das Telefon klingelt, muss einer losfahren und irgendwo ein Tier abholen.

Wie können Menschen das Tierheim unterstützen, wenn sie kein Tier bei sich aufnehmen können?

Durch das Gassigehen. Wir haben eine ganze Menge Gassigeher. Sie müssen bei uns alle vorher eine Schulung mitmachen. Erst dann dürfen sie mit unseren Hunden rausgehen. Selbst Leute, die selber einen Hund haben, müssen die Schulung mitmachen, weil ein Hund im Tierheim etwas ganz anderes ist als ein Hund zuhause. Da gibt es große Unterschiede.

Wer dem Tierheim anderweitig helfen möchte, kann Patenschaften für Tiere übernehmen, spenden oder Mitglied im Tierschutzverein werden. Jens von Lienen hofft außerdem, dass die Menschen sich Gedanken machen, bevor sie Tiere aufnehmen. Dass sie vorher klären, was aus dem Hund oder der Katze wird, wenn es nicht mehr geht oder sie krank werden. Und dass sie sich vorher über Kosten und die richtigen Haltungsbedingungen im Klaren sind. Gerade in diesem Jahr haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viele Tiere aufgenommen, die sich die Menschen während der Pandemie angeschafft haben.

Wofür wünschen Sie sich mehr Verständnis bei Ihrer Arbeit?

Mehr Verständnis dafür, dass wir nicht alles erfüllen können. Der Bestand geht vor. Wenn jemand seinen Hund abgeben will, ich aber gerade jede Menge Hunde habe, dann muss er seinen Hund erst einmal behalten. Ich habe 40 Plätze für Hunde. Dann sind wir aber restlos besetzt. Dann kann ich nur noch dringende Fälle aufnehmen, das heißt Fundtiere und Tiere aus Beschlagnahmungen. Dafür wünsche ich mir mehr Verständnis.

Nehmen Sie Tiere kurzzeitig auf, wenn jemand zum Beispiel ins Krankenhaus muss und sie nirgends unterbringen kann?

Immer. Sie haben auch immer Vorrang. Wir sind keine Tierpension, aber in Ausnahmefällen nehmen wir solche Tiere auf. Aber nur bei Hunden und Kleintieren, bei Katzen geht das nicht. Da ist der Stress für die Tiere zu groß, die in der Wohnung alleine gehalten werden. Wenn Sie dann plötzlich hier rechts, links, vorne und hinten andere Katzen haben, ist der Stress so groß, dann werden sie krank.

Was ist Ihnen in Ihrer langjährigen Arbeit besonders im Gedächtnis geblieben?

Vor Jahren gab es im Chemnitztal einen Fall, wo Hunde verhungert sind. Das war schon harter Tobak, wenn man dahin kommt und sieht, dass die Hunde wirklich verdurstet und verhungert sind. Und die zwei, die noch gelebt haben – ich glaube, der eine wog noch 14 Kilogramm, sein Normalgewicht wäre 45 Kilogramm gewesen. Da können Sie sich vorstellen, wie kurz die vorm Sterben waren.

Das war das Krasseste, dass einer so etwas macht, aber ansonsten hatten wir auch schon „Tiermessis“ – Wohnungen, in denen 10, 15 Katzen drin sind; Meerschweinchen- oder Kaninchenzuchten, wo 40 bis 50 Karnickel in der Bude waren und es nur herausgekommen ist, weil Flüssigkeit in der Wohnung darunter durch die Decke gelaufen ist.

Welche schönen Fälle sind Ihnen in Erinnerung geblieben?

Schöne Fälle sind die, wo Sie einen Hund oder eine Katze vermitteln und die Leute sich danach noch einmal melden und sagen, dass alles passt. Wir hatten letztens eine kleine Katze, vielleicht drei Wochen alt, sie war als Fundtier gekommen. Sie hatte in den Beinen Löcher, da war alles voll Maden. Eine Kollegin hat sie dann bis zur siebenten Woche ungefähr gepflegt. Danach habe ich die Katze übernommen. Die Frau, die sie mitgenommen hat, ist überglücklich mit der Katze. Über solche Fälle freut man sich.

Können Sie loslassen, wenn sie ein Tier auch zuhause aufgezogen haben?

Ja, müssen wir. Meine Frau hat mich gefragt, ob wir die Katze denn wirklich wieder abgeben wollen und da habe ich geantwortet: „Ja, da kommt auch wieder die nächste, da brauchst du keine Angst zu haben.“ (lacht)

Was bedeutet es Ihnen, dass Sie den Sächsischen Tierschutzpreis erhalten haben?

Erst einmal möchte ich gern herausfinden, wer das eingerührt hat (lacht). Das hat mich getroffen wie ein Schlag. Ich habe erst gedacht, das ist bestimmt „Sinnlos-Telefon“, da will dich doch jemand auf den Arm nehmen, als mich jemand vom Ministerium anrief.

Ich bin eigentlich nicht der Typ für sowas. Ich stehe nicht gern im Mittelpunkt. Ich sehe das nicht als eine Würdigung nur meiner Arbeit, sondern auch der Arbeit meiner Kollegen. Denn ohne sie wäre ich nichts. Ohne sie würde das nicht funktionieren.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Dass die Finanzierung der Tierheime auf vernünftige Beine gestellt wird. Wir bekommen im Moment eine Einwohnerpauschale hier in der Stadt, aber die ist mehr oder weniger konstant geblieben seit ewigen Zeiten und reicht vorn und hinten nicht mehr. Gerade in den letzten Monaten. Da wäre vielleicht ein Zweckverband das Richtige.

Dr. Claudia Ruf (links) und Sozialministerin Petra Köpping (rechts) bei der Ehrung im kleinen Kreis 

Dr. Claudia Ruf, Tierheimleiterin vom Tierschutzverein Zwickau und Umgebung e.V. ist Preisträgerin des Sächsischen Tierschutzpreises 2020 

»Ihr Tierheim hat eine Leuchtturmfunktion für ganz Sachsen!« sagte Gesundheitsministerin Petra Köpping am 9. Dezember 2020 anlässlich der Verleihung des Sächsischen Tierschutzpreises an die Tierheimleiterin Dr. Claudia Ruf.

Neben Hunden, Katzen und Mäusen sind es in Vielau die eher seltenen Tiere wie Schlangen, tropische Schlangenhalsschildkröten oder Nachtfalterpuppen, die die Eigenheit des Tierheims ausmachen. Die Georg-Palitzsch-Medaille wurde heute im Rahmen der Preisverleihung an Dr. Claudia Ruf vom Tierschutzverein Zwickau und Umgebung e.V. an die Preisträgerin übergeben.

»Bei Ihnen merkt man, dass Ihr Beruf zugleich Berufung ist,« sagte Köpping bei der Überreichung des mit 4.000 Euro dotierten Tierschutzpreises an Frau Dr. Ruf und fuhr fort: »Sie sind ein hervorragendes Beispiel dafür, was ein einzelner Mensch für den Tierschutz leisten kann!«

Tierschutzmedaille 2020: Preisträgerin Dr. Claudia Ruf mit Hund Charlie
Preisträgerin Dr. Claudia Ruf mit Hund Charlie 

Frau Dr. Ruf, als Vorsitzende des Tierschutzvereins Zwickau und Chefin des Tierheims Vielauer Wald bei Zwickau werden Sie dieses Jahr mit dem Sächsischen Tierschutzpreis ausgezeichnet. Was schoss Ihnen als erstes durch den Kopf, als Sie davon hörten, dass Sie den Preis erhalten sollen?

Ich fragte mich, ob bzw. wie ich mich in die Reihe der bereits Ausgezeichneten einpassen würde. Schließlich wurden vor mir ein Zoodirektor, ein Rinderhalter und z.B. ein engagierter Katzenfreund ausgezeichnet. Schon diese Reihung zeigt, dass Tierschutz ganz unterschiedlich bewertet wird. Mir persönlich ist wichtig, dass das Wesen des Tieres gesehen wird und nicht der wirtschaftliche Nutzen. Meine Position ist sicher eine extreme Position, aber ich freue mich sehr, dass das auch geehrt wird. Natürlich kann unser Tierschutzvereins auch das Preisgeld von 4.000 Euro gut gebrauchen. Es wird zu 100 Prozent in ein Tierschutzprojekt fließen.

 Kranführer, Prinzessin, Krankenschwester. Seit wann hegen Sie Ihren Berufswunsch »Tierschützer«?

Bereits im Kindergarten stand für mich fest, das Leben zu respektieren. Daraus hat sich dann der Tierschutz entwickelt. Mit einem Biologiestudium und ehrenamtlichem Gassigehen in einem bayerischen Tierheim gings los. Nach meinem Umzug nach Sachsen habe ich mich dann im Tierschutzverein engagiert. Mein Leitgedanke dabei ist, etwas Sinnvolles zu tun, etwas zu bewegen, Einfluss zu nehmen für den Schutz der Tiere.

Wenn Sie weiße Mäuse sehen, woran denken Sie dann?

(lacht) Weiße Mäuse haben wir tatsächlich in unserem Tierheim. Sie sind zum Glück ziemlich einfach zu haltende Tiere. Ganz anders sieht es bei Reptilien wie Wasser- und Landschildkröten, großen Würgeschlangen oder sogar exotischen Säugetieren wie Weißbauchigeln aus. Hier sind wir auf Spezialwissen angewiesen. Dazu bilde ich mich in Seminaren für diese Herausforderungen fort.

Leider nehmen solche exotischen Tiere einen immer größeren Raum bei uns ein, obwohl viele Tierhalter eigentlich gar nicht wissen, wie man diese Tiere richtig hält und füttert.

»Spezialwissen« klingt zum einen interessant, zum anderen aber auch teuer. Wie steht es um Ihre Finanzen?

Fakt ist, Qualitätsarbeit ist nicht zum Dumpingpreis zu leisten. Für Bauinvestitionen haben wir die Fördermöglichkeiten des Freistaats genutzt und mit den Mitteln einer außergewöhnlich großen Erbschaft konnten wir ein tolles Katzenhaus bauen. Das Problem sind aber die laufenden Betriebskosten. Leider zählt bei kommunalen Ausschreibungen zur Fundtierverwahrung meist nur »billig«. So haben wir  2019 unseren größten Auftraggeber verloren.  Wir kämpfen aber mit aller Kraft um den Erhalt des Tierheims und haben z. B. die Patenschaftskampagne »Sei ein Held für Tierheimtiere!« ins Leben gerufen. 

Die ehemalige Gesundheitsministerin Barbara Klepsch überreicht die Tierschutzmedaille
Die ehemalige Sozialministerin Barbara Klepsch (links) mit der Preisträgerin Kathrin Schumann (rechts)  © SMS

Sächsischer Tierschutzpreis 2018 geht an Katrin Schumann aus Thallwitz

Der Sächsische Tierschutzpreis 2018, die »Johann-Georg-Palitzsch«-Medaille, wurde am 28. September 2018 an Katrin Schumann aus Thallwitz verliehen. Katrin Schumann ist Vorsitzende des Vereins zum Wohl der Tiere e.V. in Thallwitz. Im Sommer 2018 hatte der Verein beispielsweise 28 zum Teil schwer oder chronisch erkrankte Tiere untergebracht, gesund gepflegt und vermittelt. Das Tierheim ist inzwischen mit einem Quarantäne- und Tierarztzimmer vorbildlich ausgestattet. Auch ein Außengehege für Nager ist vortrefflich saniert worden.

Barbara Klepsch, die frühere Sozialministerin, sagte bei der Verleihung: »Bei jeder Verleihung darf ich Menschen kennenlernen, die bereit sind, mit großem persönlichen Einsatz das Wohlbefinden der uns anvertrauten Tiere zu schützen.« Sie betonte in ihrer Laudatio den besonderen Einsatz von Katrin Schumann und bezeichnete die diesjährige Preisträgerin als »Glücksfall für den Tierschutz«. »Ich bin beeindruckt von Ihrem persönlichen Einsatz für in Not geratene Tiere, für Ihren liebevollen Kontakt, den Sie alten und einsamen Menschen mit Ihren Tieren ermöglichen und über Ihre kreativen ldeen und Ihre Tatkraft bei der Umsetzung«, sagte die ehemalige Ministerin. Mit dem Gnadenhof Lossa ist nicht nur ein Tierheim entstanden, das allen Ansprüchen genüge, freute sich Klepsch. »Hier lebt ein Tierschutzverein den Tierschutz!«

Mit dem Sächsischen Tierschutzpreis 2017 wurde am 21. September 2017 Bernhard Steinert als Pionier der Rinderhaltung geehrt.

Staatsministerin Barbara Klepsch mit Preisträger Bernhard Steinert, Inhaber eines Biobauernhofs in Cunnersdorf bei Hohnstein
Die ehemalige Sozialministerin Barbara Klepsch mit Preisträger Bernhard Steinert, Inhaber eines Biobauernhofs in Cunnersdorf bei Hohnstein  © Swen Reichhold

Laudatio der ehemaligen Sozialministerin Barbara Klepsch

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Steinert,

herzlich willkommen auf dem Biohof Steinert in Cunnersdorf. Und vielen Dank, dass wir auf diesem schönen Hof zu Gast sein dürfen. Einem Hof, der zeigt, dass Tierschutz nicht ein Traum bleibt, sondern Wirklichkeit wird, wenn man Tiere mit ihren Bedürfnissen ernst nimmt und sich danach ausrichtet. Als Sie, Herr Steinert, und Ihre Frau 1993 nach Cunnersdorf zogen und dort das 140 Jahre alte Bauerngut erwarben, waren Sie Idealisten. Idealisten, die die Herausforderung suchten, um ihre Träume von tiergerechter biodynamischer Landwirtschaft zu verwirklichen. Damals waren Sie Exoten hier in Sachsen.

Die derzeitige Debatte im Tierschutz zeigt jedoch, dass die gelebten Träume der Biobauern beginnen unsere Gesellschaft zu verändern: Am 16. August dieses Jahres hat Herr Staatssekretär Aeikens den Ländern die Nutztierhaltungsstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vorgestellt. Diese greift Empfehlungen des Gutachtens »Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung« des wissenschaftlichen Beirats auf. Der Beirat hatte im Frühjahr 2015 Leitlinien mit neun Punkten entwickelt:

  • Mehr Platzbedarf und Außenklima,
  • artgemäße Beschäftigung,
  • Verzicht auf Amputationen,
  • reduzierter Arzneimitteleinsatz,
  • Neuausrichtung der Zucht auf Gesundheit
  • und Robustheit,
  • verbesserte Bildung der im Tierbereich arbeitenden Personen.

Das Gutachten der Professoren hatte vor zwei Jahren für Aufruhr in der Landwirtschaft gesorgt und war utopische Zukunftsmusik.

Wir haben uns in Sachsen umgesehen und stellten fest, dass Sie, Herr Steinert, das auf Ihrem Biohof bereits seit Jahren leben. Was für viele Betriebe eine große Herausforderung sein wird, haben Sie bereits gemeistert und zeigen, dass es möglich ist und Erfolg hat: Ihre Kühe verbringen von März bis November Tag und Nacht auf der Weide. Nur zu den Melkzeiten kommen Ihre Kühe morgens und abends in den Stall. Dort füttern Sie die Rinder mit Heu und etwas Getreide von Ihren Weiden. Mit Ihrem Zweiraum-Tretmiststall, der zur Sonnenseite offen ist, bieten Sie Ihren Kühen unterschiedliche Funktionsbereiche mit verschiedenen Bodenbelägen. Im Bewegungs- und Liegebereich liegt Stroh und im Futterbereich ist ein Betonbelag. Die Klauen Ihrer Tiere sind dank dieser Bodenbeläge und Bewegungsmöglichkeiten gesund. Die Tiere haben keine Schmerzen und leben damit deutlich länger. Außerdem haben Sie mit Ihren gesunden Tieren einen deutlich reduzierten Arzneimittelverbrauch.

Herr Steinert, sie zeigen damit, dass es natürliche Wege gibt, auf Arzneimittel zu verzichten und gesunde Tiere zu halten. Die Gesundheit Ihrer Tiere beruht aber nicht nur auf dieser tiergerechten Haltung sondern auch auf Ihrer Zuchtauswahl. Sie züchten selbst und legen Wert auf die Robustheit Ihrer Rinder. Ich freue mich schon, bei dem Rundgang nachher, Ihre Kühe auf der Weide zu sehen.

Und noch in einem weiteren Punkt sind Sie Pionier: Sie verzichten auf das schmerzhafte Kupieren der Hörner. Das sieht nicht nur prächtiger aus, es lässt auch die Tiere ihr Normalverhalten besser ausleben. Indem Sie den Tieren im Stall genügend Platz und Freiraum sowie die Bewegung auf der Weide lassen, gelingt Ihnen diese Haltung ohne Verletzungen. Mit Ihrem Hofladen und der Belieferung umliegender Biomärkte und Ketten sowie der Verbrauchergemeinschaft in Dresden haben Sie eine umweltverträgliche und regionale Vermarktungsstrategie gefunden. So trägt sich ihr Hof und die Bevölkerung im Raum Dresden wird mit nachhaltig erwirtschaftetem Joghurt, Quark, Frischkäse, Cunnersdorfer Biokäse sowie Brot versorgt.

Sehr geehrter Herr Steinert,

aus Ihren Erzählungen wissen wir, dass Ihre Liebe zur Landwirtschaft in Ihrer Kindheit geweckt wurde und damit auch Ihre Bereitschaft, diese Tiere nicht nur zu nutzen, sondern mit ihnen und für sie zu leben. Als Kind haben Sie die Sommerferien auf dem Hof Ihrer Tante in Schlesien verbracht. Trotz der Armut dort und den harten Arbeitsbedingungen war der Bauernhof das Paradies für Sie. Damals ist der Traum entstanden, Tiere artgerecht zu halten. Sie wussten, dass das ein herausforderndes Leben sein wird und haben es gewagt, und sind in Sachsen neue Wege gegangen. Sie und Ihre Frau haben Menschen gefunden, die Ihren Traum mit verwirklichen und leben auf Ihrem Hof in Cunnersdorf in einer kleinen Gemeinschaft. Auch Ihnen allen, die hier auf dem Hof mitwirken, möchte ich meinen Dank aussprechen für Ihre Pionierarbeit.

Herr Steinert, Sie bilden auch junge Menschen aus. Sie wollen dabei die Liebe für die Tiere wecken und junge Menschen für das Leben auf dem Land begeistern. Sie wollen, dass die Jugendlichen, die immer mehr in urbaner Umgebung leben, Tiere kennen und lieben lernen. Sie zeigen den Jugendlichen, wie man mit der Natur im Einklang lebt. Für diesen Traum leben Sie und setzen sich mit ganzer Kraft dafür ein, dass er verwirklicht wird. Für dieses große Engagement für den Schutz der Tiere und den Erhalt der Natur möchte ich Ihnen und Ihrer Frau und natürlich auch allen Ihren engagierten Mitarbeitern meinen Dank aussprechen. Und Sie, Herr Steinert, stellvertretend mit der Johann-Georg-Palitzsch-Medaille auszeichnen. Herr Steinert, herzlichen Dank für Ihre Empathie, Ihr Engagement und Ihren Einsatz für die Tiere. Sie sind ein hervorragendes Beispiel dafür, was ein einzelner Mensch für den Tierschutz leisten kann und dass man immer Mitstreiter finden kann. Ich wünsche Ihnen und Ihren engagierten Mitstreitern für die weitere Arbeit viel Erfolg und weiterhin Freude mit Ihren Kühen, Schweinen und Hühnern.

Hiermit zeichne ich Sie mit dem Sächsischen Tierschutzpreis aus und verleihe Ihnen die Johann-Georg-Palitzsch-Medaille. Herzlichen Glückwunsch!

Der Direktor des Zoos Leipzig, Prof. Dr. Jörg Junhold, wurde am 28. Oktober 2016 mit der »Johann-Georg-Palitzsch«-Medaille geehrt. Damit wird sein Engagement bei der Unterbringung von Zootieren in naturnahen Lebensräumen gewürdigt.

Staatsministerin Barbara Klepsch mit Prof. Dr. Jörg Junhold, Direktor des Zoos Leipzig.
Die ehemalige Sozialministerin Barbara Klepsch mit Prof. Dr. Jörg Junhold, Direktor des Zoos Leipzig  © Swen Reichhold

Laudatio der ehemaligen Sozialministerin Barbara Klepsch

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Professor Junhold,

Tiere vervollständigen unser Leben. Als Nutztiere stehen sie für Ernährung und Gesundheit – ermöglichen uns das Leben. Als Haustiere geben Sie uns Geborgenheit und Sicherheit in einem stressigen Alltag. Als exotische Zootiere entführen sie uns in fremde Welten, wecken unser Fernweh, beflügeln unsere Fantasie. Braucht es mehr Gründe, um Tiere zu achten und zu schützen auf einem ganz hohen Niveau? Ich finde nicht.

Mein Haus hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, Tierschutz und Tierschützer zu fördern und zu fordern. Zum Beispiel mit der Johann-Georg-Palitzsch-Medaille des Freistaates Sachsen. Dafür sind wir heute an einem ganz besonderen Ort. Der Zoo Leipzig steht wie kein anderer Zoo in Europa für die Machbarkeit von Visionen. Hier können wir bestaunen, wie in weniger als 20 Jahren aus einer Menagerie aus verschlissenen Anlagen mit Gittern und Kacheln eine moderne Einrichtung mit naturnahen und artgemäßen Gehegen und Anlagen wachsen kann. Und wem haben wir das zu verdanken? Herrn Professor Junhold. Herr Professor Junhold, danke, dass wir heute bei Ihnen zu Gast sein dürfen. Danke, dass Sie sich wie kaum ein anderer für den Tierschutz von Zootieren einsetzen. Danke, dass Sie so sind, wie Sie sind.

Lieber Professor Junhold, Sie wollen die Zoobesucher aufrütteln, damit sie sich für die Natur begeistern. Sie wollen wie Ihr Vorbild Bernhard Grzimek die Liebe der Menschen insbesondere der Jugendlichen für die Tiere und den Erhalt ihrer Lebenswelten wecken. Sie wollen, dass Kinder und Jugendliche, die immer mehr in urbaner Entfremdung leben, Tiere kennen und lieben lernen. Schließlich soll auch diese Generation unseren Planeten schützen. Für diese Vision leben Sie. Für diese Vision setzen Sie sich mit ganzer Kraft ein. Ich bin überzeugt: Jeder einzelne Gast könnte eine Geschichte darüber erzählen, warum Sie den Sächsischen Tierschutzpreis verdient haben. Wir könnten wohl Bücher, Kinofilme, Erzählabende füllen mit ihren Verdiensten. Einige wenige möchte ich in dieser Laudatio erwähnen.

Das Thema, das uns im Tierschutz in der Bundes- und Landespolitik am meisten beschäftigt, ist: Wie kann es uns gelingen, dass die Tierhaltung an die Tiere angepasst wird und nicht anders herum. Ab 2017 soll zum Beispiel in der Nutztierhaltung auf das Kupieren der Schnäbel von Legehennen verzichtet werden. Seit diesem Jahr verlangen wir, dass die Kälber sediert und mit Schmerzmitteln behandelt werden bevor die Hornanlagen entfernt werden. Es gibt neue Anforderungen, um auf das Kupieren der Schwänze von Ferkeln schrittweise zu verzichten. Um mal ein paar Beispiele aus der Nutztierhaltung zu bringen.

Bei den Zoos ringen wir um Lösungen, wie auch auf das reversible Kupieren von Federn verzichtet werden kann. Das Verbot haben wir schon. Und doch wird es vielerorts noch gemacht, um die Vögel im Freigehege halten zu können. Denn bis vor Kurzem galt es in der Fachwelt noch als unmöglich, Kubaflamingos in Volieren zu halten. Hier gehen Sie, Herr Professor Junhold, mit Ihrer großen Erfahrung und viel Mut beispielgebend voran. Sie machen es einfach. Im Sommer 2014 errichteten Sie eine Flamingolagune als eine Voliere, die mit 10 Meter hohen Netzen überspannt ist. Seit zwei Jahren wird diese Lagune erfolgreich von über 100 Chileflamingos, Kubaflamingos, Sichlern und Enten bevölkert. Seit diesem Sommer werden sogar zwei Chileflamingo-Jungvögel von ihren Eltern aufgezogen. Dies ist einer der großartigen Erfolge Ihrer Arterhaltungsprogramme und ex-situ Projekte.

In Ihrem Zoo finden wir weitere Vorbilder. Das Pongoland ist ganz besonders, weil Sie hier alle hochbedrohten Menschenaffenarten unter einem Dach halten und und weil Sie mit dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie wissenschaftlich kooperieren. Diese Kombination ist in Deutschland einzigartig. Auch die Tropenerlebniswelt Gondwana ist einzigartig in Europa und Deutschland. Hier haben Sie es geschafft, dass sich ein komplexes Ökosystem ausbildet. Hier können die Säugetiere, Reptilien und freilebende Amphibien und Vögel ihre natürlichen Verhaltensweisen ausleben. So erleben die Besucher die Tierwelt so nah wie möglich an der Natur.

Diese drei Beispiele stehen wiederum nur beispielhaft für Ihre Visionen und Ihren Umsetzungsmut. Sie zeigen der Welt: Geht nicht, gibt es nicht – den Tieren zu liebe. Sie führen mit Ihrer Arbeit visionäre Ideen und Vorstellungen mit guter handwerklicher Umsetzung und einem unglaubliches Wissen über Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten von Tieren und geschicktes Marketing zusammen. So ist der Zoo Leipzig ein zukunftsweisendes Vorbild für Tierhaltung geworden. Ein Vorbild, das die Tierschutzstandards des Säugetiergutachtens des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft in vielen Bereichen weit überschreitet. Ein Vorbild, das seines Gleichen sucht. Ein Vorbild, das weit über die Zootierhaltung hinaus Schule machen sollte.

Auch im letzten europäischen Zooranking haben Sie mit ihrem Zoo den zweiten Platz verteidigt und belegen in der internationalen Studie des britischen Zooexperten Anthony Sheridan den Spitzenplatz in Deutschland. Dies beweist, dass die Investitionen im Rahmen des Masterplans »Zoo der Zukunft« auch internationalen Anforderungen standhalten. Ihr Vorgehen zeigt, dass sich gute Tierhaltung und wirtschaftliches Handeln nicht ausschließen, sondern gegenseitig befruchten. Solche visionären Ideen wünschen wir uns überall in der Tierhaltung.

In einem Interview haben Sie gesagt, dass es für Sie enorm wichtig ist, bei den verschiedenen Planungsprozessen dabei zu sein. Es macht Ihnen Spaß, wenn es um die kleinen Details geht, die die Anlage zu etwas Besonderem machen. Sie diskutieren die Pläne intensiv mit dem Management, um die besten Lösungen zu finden und die richtigen Tierarten auszuwählen. Durch diesen intensiven Einsatz orientiert sich die Haltung der Tiere an der Natur. Und die Träume von fernen Landschaften mitten in der Stadt werden für die Besucher und die Tiere erlebbar.

Mit Ihrem unermüdlichen Engagement haben Sie dafür nicht nur die Ideen, ihr enormes Fachwissen als Tierarzt und Honorarprofessor für Zootierhaltung, Artenschutz und Zootiermedizin eingebracht, sondern auch mit Ihren großartigen Fähigkeiten als Manager die Mittel dafür beschafft. In den Leipziger Zoo sind in den letzten Jahren mehr als 100 Millionen Euro investiert worden. Und dieses Geld ist gut angelegt, denn die Tiere leben jetzt nicht nur in einer naturnah gestalteten Umgebung. Durch entsprechende naturnahe Gehegegestaltung und -ausstattung wird den Bedürfnissen der Tiere nach Rückzugsmöglichkeiten oder Klettermöglichkeiten entsprochen. So können die Tiere viele ihrer natürlichen Verhaltensweisen ausleben und die Besucher erleben die Wildtiere ähnlich, wie es in der Natur der Fall wäre. Ebenso hilft die Vergesellschaftung verschiedener Tierarten dabei, diese Verhaltensanreicherung sicherzustellen. Hier beschreiten Sie, Herr Prof. Junhold im Zoo Leipzig beispielsweise bei der Haltung von Lippenbären mit Rhesusaffen oder mit den großen Huftiergruppen der Kiwara-Savanne neue Wege.

Leider hat die Arbeit im Zoo auch traurige Seiten, wenn Tiere an altersbedingten Krankheiten leiden, Junge vom Muttertier nicht angenommen werden oder wenn es in Arterhaltungsprogrammen Rückschläge gibt. Auch in diesen kritischen Situationen haben Sie und Ihr Team notwendige tierschutzgerechte Maßnahmen auf nachvollziehbarer ethischer und fachlicher Grundlage entschieden und entsprechend offen kommuniziert. Neue Haltungsformen bergen auch Risiken. Solange Sie diese unter dem Blickwinkel von Mensch und Tier in Ihren Haltungs- und Sicherheitskonzepten abgewogen berücksichtigen, werden Sie weiterhin Erfolg haben.

Sehr geehrter Herr Professor Junhold, wie gesagt – ich könnte noch sehr viel mehr Gutes über Sie berichten: Über Ihr vielfältiges Engagement in nationalen und internationalen Gremien. In Ihrer Funktion als Präsident des Weltzooverbandes von 2011 bis 2013 haben Sie die Erarbeitung der ersten Welt-Tierschutzstrategie (»Animal Welfare Strategy«) für die globale Zoogemeinschaft initiiert und als Mitglied einer internationalen Arbeitsgruppe rasch vorangetrieben. Im Verband Deutscher Zoodirektoren (VDZ) sind sie derzeit Vizepräsident; außerdem sind sie im Vorstand des Europäischen Zooverbandes (EAZA), um nur einige Ihrer internationalen Engagements zu nennen. Bei diesen Tätigkeiten haben Sie, Herr Professor Junhold, erhebliche Anstrengungen unternommen, um die artgemäße Tierhaltung weiterzuentwickeln und den Gedanken in der Fachwelt und Öffentlichkeit zu verbreiten.

Ich könnte auch über Ihren Einsatz berichten, den Zoo als Bildungseinrichtung zu gestalten und auch verschiedene Medien zu bedienen. Wer kennt nicht die Sendung im MDR »Elefant, Tiger & Co.«? – mit der Sie den Gedanken der artgerechten Haltung in die breite Öffentlichkeit bringen. Sie wollen die Besucher aufrütteln, damit sie sich für die Natur begeistern. Sie wollen, die Liebe der Menschen, insbesondere der Jugendlichen, für die Tiere und den Erhalt ihrer Lebenswelten wecken. Sie wollen, dass die Jugendlichen, die immer mehr in urbaner Umgebung leben, Tiere kennen und lieben lernen. Für diese Vision leben Sie und setzen sich mit ganzer Kraft ein.

Für dieses große Engagement für den Schutz der Tiere und den Erhalt der Natur möchte ich allen Ihren Mitarbeitern meinen Dank aussprechen und Sie, Herr Professor Dr. Junhold, stellvertretend mit der Georg-Palitzsch-Medaille auszeichnen. Herr Professor Junhold, herzlichen Dank für Ihre Empathie, Ihr Engagement und Ihren Einsatz für die Tiere. Sie sind ein hervorragendes Beispiel dafür, was ein einzelner Mensch für den Tierschutz leisten kann! Ich wünsche Ihnen und Ihren engagierten Mitstreitern für die weitere Arbeit viel Erfolg und weiterhin Freude mit Ihren weltweiten in situ - Projekten.

Hiermit zeichne ich Sie mit dem Sächsischen Tierschutzpreis aus und verleihe Ihnen die Johann-Georg-Palitzsch-Medaille.

Herzlichen Glückwunsch!

Die Johann-Georg-Palitzsch-Medaille für besondere Verdienste auf dem Gebiet des Tierschutzes geht 2015 an Matthias Stark vom Gnadenhof für Tiere e. V. in Ellefeld.

Die Ministerin überreicht in einer Scheune dem Preisträger die Medaille und eine Urkunde
Die frühere Sozialministerin Barbara Klepsch mit Preisträger Matthias Stark  © SMS

Laudatio der ehemaligen Staatsministerin Barbara Klepsch

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Stark,

wir kennen uns erst kurze Zeit, aber alles, was mir die Menschen bisher von Ihnen erzählt haben, hat mich tief beeindruckt. Ich habe es sofort in Ihren Augen gesehen: Ihre Liebe für die Tiere ist echt. Wer sonst würde aus einem Streichelzoo einen Gnadenhof machen, den er komplett selbst finanziert. Wir werden uns ja dann noch selbst davon überzeugen können: Sie finden für jedes Tier einen Platz. Ställe und Gehege auf Ihrem eigenen Grundstück, die Weiden in der Nähe, die sie gepachtet haben und jetzt neu das Bahnwärterhäuschen am Ende der Straße, das Sie gerade für Katzen herrichten.

Ihnen ist es egal, ob die Tiere aus der Landwirtschaft kommen oder aus Privathaltungen. Sie wissen, welche Eigenarten die Tiere haben und brauchen; und sorgen für artgerechte und tierschutzgerechte Unterbringung. Als ich gelesen habe, dass Sie dafür sogar Kredite aufnehmen, konnte ich das anfangs gar nicht glauben. Das alles für Tiere, die keiner mehr will, oder die ihr Herrchen aus verschiedenen Gründen verloren haben. Indirekt helfen Sie damit auch den Menschen, die sich von einem Tier trennen müssen.

Aber nicht nur indirekt, auch direkt helfen Sie mit Ihren Tieren anderen Menschen. Dass Sie Ihre Schützlinge als Lehrer für geistig behinderte Schüler mit den Tieren zusammen bringen, ist eine besondere Form der Lehre, aber auch der Therapie. Ihre Arbeitsgemeinschaft ist sehr beliebt und die Schüler lernen einen respektvollen Umgang mit den Tieren. Und wir alle wissen: Wer Respekt vor Tieren zeigt, wird auch mit seinem Mitmenschen respektvoll umgehen. Sie machen aus allem eine Tugend. Sie lassen Ihre Schüler reiten, damit die Pferde Bewegung bekommen. Sie zeigen den Jugendlichen, wie man die Tiere pflegen muss und nehmen ihnen auch die Scheu vor Tieren. Ganz nebenbei zeigen Sie Kindern und Jugendlichen, wie sie Mängel in der Haltung und Unterbringung erkennen.

Aber nicht nur unsere Jüngsten kommen in den Genuss, mit Ihnen Tiere zu erleben. Auch im Altenheim und in der Psychiatrie sind Sie ein gern gesehener Gast und bringen mit Ziegen, Eseln, Kaninchen und Meerschweinchen Lebensfreude zu den Menschen. Zu guter Letzt sind Sie immer da, wenn Frau Dr. Mütschard vom Veterinäramt nach Ihnen ruft. Sie sagt: »Egal wer, egal wann – wenn das Telefon klingelt, helfen Sie Tieren schnell und unbürokratisch. Wann machen Sie das eigentlich alles? Ich weiß, dass Sie von 5 Uhr morgens bis mindestens 22 Uhr abends auf den Beinen sind. Das klappt nur mit einer guten Stütze. Frau Stark – deshalb auch an Sie meinen Dank. Ohne Ihre Unterstützung würde das nicht gehen.

Herr Stark, Ihre Arbeit ist beispielhaft! Nicht nur für Tiere auch für Jugendliche, alte Menschen und Kranke sind Sie ein Segen! Durch Ihr ehrenamtliches Handeln und den großzügigen Einsatz Ihres Vermögens leisten Sie für die Region im Vogtland eine großartige Arbeit. Herr Stark, ich bin beeindruckt von Ihrem persönlichen Einsatz für in Not geratene Tiere, für Ihren liebevollen Kontakt, den Sie Jugendlichen, Alten und Kranken mit Ihren Tieren ermöglichen und über Ihre kreativen Ideen und Ihre Tatkraft bei der Umsetzung. Bewundernswert ist Ihre Ausdauer und Ihr unermüdlicher Einsatz. Alle Ihre Taten zeigen die Güte Ihres Herzens, zeigen Ihren ehrlichen Respekt für die Tiere.

Sehr geehrter Herr Stark,

es ist mir eine Ehre, Ihnen heute die sächsische Johann-Georg-Palitzsch-Medaille zu verleihen
und Sie mit dem sächsischen Tierschutzpreis auszuzeichnen. Ich gratuliere Ihnen und danke Ihnen im Namen des Freistaates Sachsen für Ihren Einsatz. Sie sind ein hervorragendes Beispiel, was ein einzelner Mensch für den Tierschutz leisten kann. Ich wünsche Ihnen und Ihren engagierten Mitstreitern, vor allem auch Ihrer Ehefrau für die weitere Arbeit viel Erfolg und Freude mit Ihren Schützlingen.

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